14. Außenwirtschaftsrechtstag 2009 in Münster
Energie und Klimawandel
Am 15. und 16. Oktober veranstaltete das am Institut für öffentliches Wirtschaftsrecht der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster angesiedelte Zentrum für Außenwirtschaftsrecht e. V. eine Tagung zum Thema „Energie und Klimawandel“. Die Referenten kamen von der EU-Kommission, der Ministerialverwaltung sowie aus dem Bereich von Unternehmen, Anwaltschaft und Hochschule.
Der Umgang mit Energie wird eine zentrale Frage des 21. Jahrhunderts sein. Mit einem Ausblick auf die damit verbundenen Herausforderungen eröffnete Herr Prof. Dr. Dirk Ehlers (Zentrum für Außenwirtschaftsrecht) die Tagung, die rund zwei Monate vor der UN-Klimakonferenz im Dezember in Kopenhagen stattfand. In den Referaten wurden die Linien der Energiepolitik im internationalen Rahmen nachgezeichnet und deren rechtliche Bedingungen untersucht.
Herr Ministerialrat Dieter Kunhenn (Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie) stellte die wesentlichen Parameter der deutschen Energiepolitik hervor: Energie soll sicher, sauber und bezahlbar sein. Die alte Bundesregierung hat zu diesem Zweck ein integriertes Energie- und Klimaprogramm aufgelegt. Unter anderem wurden das Erneuerbare-Energien-Gesetz novelliert, ein Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz erlassen, das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz erneuert, die Energieeinsparverordnung verschärft, die Genehmigungsverfahren für Hochspannungsleitungsprojekte vereinfacht, insbesondere um Strom aus dem Norden in Verbraucherschwerpunkte zu transportieren.
Herr Dr. Markus J. Kachel (Rechtsanwaltskanzlei Becker Büttner Held, Berlin) stellte die Regelungen des Vertrages über die Energiecharta vor, soweit sie den Handel, Transport und die Verteilung von Energie zum Gegenstand haben. Zudem ging er auf das dem Vertrag anhängende Protokoll über die Energieeffizienz ein. Während sich diesem keine verbindlichen Rechtspflichten entnehmen lassen, hat die Europäische Gemeinschaft den ordnungsrechtlichen Rahmen zur Durchsetzung von Energieeffizienz verstärkt. Hier sei das Glühbirnenvermarktungsverbot genannt.
Über die Liberalisierung und Regulierung von Energiedienstleistungen auf multilateraler und bilateraler Ebene sprach Herr Dr. Christian Pitschas, LL.M. (MSBH Bernzen Sonntag Rechtsanwälte). In Bezug auf die multilaterale Ebene des WTO-Rechts wies er auf zwei Schwierigkeiten hin. Zum einen kennt die WTO-Klassifizierungsliste keine Energiedienstleistungen als solche. Zum anderen sind die WTO-Mitglieder nur sehr wenige spezifische Verpflichtungen in denjenigen Bereichen eingegangen, die sich Energiedienstleistungen zuordnen lassen.
Ein Referat von Herrn Prof. Dr. Richard Kreindler (Rechtsanwaltskanzlei Shearman und Sterling, Frankfurt a. M.) ging auf den Schutz für ausländische Direktinvestitionen im Energiesektor ein und schlug damit eine thematische Brücke zum letztjährigen Außenwirtschaftsrechtstag, der sich mit Rechtsfragen des internationalen Investitionsschutzes befasst hatte.
Herr Dr. Jörg Philipp Terhechte (Universität Hamburg) ging auf Energiekartelle im Lichte des WTO-Rechts ein und kam dabei zu dem Ergebnis, dass die nationale Umsetzung von OPEC-Beschlüssen zur Beschränkung der Fördermenge von Erdöl gegen das GATT verstoßen dürfte.
Mit der Subventionierung von erneuerbaren Energieträgern im Spannungsfeld von WTO- und EU-Beihilferecht befasste sich Herr Dr. Martin Lukas (EU-Kommission, Generaldirektion Handel). Einen Schwerpunkt legte er auf Rechtsfragen im Zusammenhang mit Biokraftstoffen.
Herr Regierungsdirektor Dr. Lorenz Franken (Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz) wandte sich den Nachhaltigkeitsstandards für die Verwendung von Biomasse und ihrer Vereinbarkeit mit dem WTO-Recht zu. Dabei bezog er sich auf die Richtlinie 2009/28/EG als einer modellhaften Umsetzung. Eine Reihe von Argumenten spricht seiner Ansicht nach für die Konformität der Kernelemente der Richtlinie mit dem GATT.
Die Ostseepipeline wurde von Frau Barbara Kaech (Nord Stream AG, Zug, Schweiz) vorgestellt. Auf der Ebene des internationalen Rechts ist das Espoo-Übereinkommen von besonderer Bedeutung. Die Russische Föderation hat dieses Übereinkommen zwar nicht ratifiziert, sich aber im Rahmen des Nord Stream-Projekts dem Espoo-Prozess angeschlossen.
Der zweite Tag der Veranstaltung stand im Zeichen des Emissionsrechtehandels. Herr Benjamin Görlach (Ecologic Institut, Berlin) analysierte die ökonomischen Instrumente des Klimaschutzes. Er bezeichnete den Handel als ein „work in progress“. Mit der zweiten Handelsperiode werden anspruchsvollere Caps festgelegt und der EU-Handel wird international.
Im Anschluss beleuchtete Herr Dr. Peter Ebsen (EcoSecurities, Oxford) den Emissionsrechtehandel mit Entwicklungsländern. Das Kyoto-Protokoll sieht die Möglichkeit eines Clean Development Mechanism vor, in dessen Rahmen der Handel stattfindet. Herr Dr. Ebsen schilderte die Rechtsentwicklungen in der Europäischen Union, den USA, Japan und Australien.
Rechtsfragen des europäischen Emissionsrechtehandels erörterte Herr Dr. Stefan Altenschmidt (Rechtsanwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer, Düsseldorf). Das Zuteilungsgesetz 2012 sieht eine kostenpflichtige Versteigerung von Emissionsberechtigungen vor. Qualifiziert man die Versteigerungsgebühren als Sonderabgaben, kommt Herr Dr. Altenschmidt zum Ergebnis der Verfassungswidrigkeit. Auch die Belastungsgleichheit werde nicht gewahrt.
Den Abschluss bildete ein Referat von Herrn Hannes Schloemann, LL.M. (MSBH Bernzen Sonntag Rechtsanwälte) über die WTO-Konformität von Maßnahmen zur Verhinderung von Carbon Leakage. Mit diesem Begriff wird die Abwanderung emittierender Industrie zur Vermeidung des Emissionshandels beschrieben. Als Gegenmittel erscheinen negative Maßnahmen gegenüber Importen oder unterstützende Maßnahmen gegenüber der heimischen Produktion denkbar, die aber jeweils mit WTO-rechtlichen Problemen behaftet sind.
Die Tagung war von intensiven Diskussionen mit den etwa 90 Konferenzteilnehmern geprägt. Der erste Tag wurde traditionsgemäß mit einem Westfälischen Abend im Freilichtmuseum Mühlenhof am Aasee beschlossen. Die Referate und Diskussionen des Außenwirtschaftsrechtstages sollen in einem Tagungsband (Verlag Recht und Wirtschaft) dokumentiert werden, der voraussichtlich im Frühjahr 2010 erscheinen wird.